In einer Veranstaltung in der alten Turnhalle in Herrenberg wurde gesagt, der Bau einer Windkraftanlage sei in einem Wasserschutzgebiet Zone 2 generell verboten.
Wenn diese Aussage stimmen sollte, dann wäre die gesamte Diskussion über Windenergieanlagen im Spitalwald überflüssig – ein Anlass zur Recherche:
Wir haben kein Gesetz gefunden, das diese Aussage bestätigen würde.
Wir haben dagegen in verschiedenen Bundesländern deutlich unterschiedliche Leitfäden und Ausführungsbestimmungen verschiedener Landesbehörden gefunden. Offensichtlich wird dieses Thema auf der Landesebene bearbeitet
In Baden-Württemberg hat die Landesregierung eine „Task Force zur Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien“ eingerichtet.
Ein Resultat dieser Task Force ist eine
„Handreichung zu Planung, Bau und Betrieb von Freiflächen-Photovoltaik- und Windenergieanlagen in der Schutzzone II von Wasserschutzgebieten“ vom Dezember 2022.
In dieser Handreichung stehen genau definierte Regeln, was bei der Planung und dem Bau von Windenergieanlagen im Wasserschutzgebiet geprüft und beachtet werden muss.
Ein Auszug aus dieser Handreichung (die offensichtlich noch nicht im Internet zu finden ist) für Baden-Württemberg als Zitat:
für einen Antrag auf Befreiung von der Schutzgebietsverordnung für FF-PVA und WEA sind grundsätzlich nachfolgende Kriterien zu beachten:
Ein fachliches Konzept zum Schutz des Bodens und Grundwassers wird erstellt, in dem auch geeignete Schutz- und Beweissicherungsmaßnahmen identifiziert sind.
Zur Beurteilung der Gefährdung sind die Errichtung, der Betrieb, der Rückbau und mögliche Havarie- und Störungsfälle zu berücksichtigen.
Das Erschließen von Grundwasser ist grundsätzlich nicht gestattet.
Bereits vorliegende Beeinträchtigungen und Gefährdungen im Wasserschutzgebiet bzw. in der Zone II sind zu berücksichtigen.
Zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung existiert ein Konzept für eine ggf. erforderliche Not- oder Ersatzversorgung. Dies kann auf dem Maßnahmenplan nach §16 TrinkwV aufbauen.
Ein Abstand von mindestens 100 m vom Fundament der Erzeugungsanlage zur Zone I ist einzuhalten.
Vorhaben dürfen sich nicht negativ auf die Betriebsorganisation der Wasserversorgung auswirken.
Falls baubedingt Wassergewinnungsanlagen abgestellt werden müssen, ist dies rechtzeitig mit dem Wasserversorger abzustimmen. Eine ausreichende Ersatzwasserversorgung muss für den gesamten Zeitraum sichergestellt sein.
Eingriffe in den Untergrund dürfen keine erhebliche und dauerhafte Minderung der natürlichen Schutzfunktion der Deckschichten verursachen.
Beim Bau der Anlagen ist eine Verminderung des dauerhaften Rückhaltevermögens des Bodens (Pufferfunktion) zu vermeiden. Eingriffe in den Boden und Untergrund sind daher zu minimieren.
Für das Auf- und Einbringen von Bodenmaterial oder Baggergut in oder auf eine durchwurzelbare Bodenschicht in den Zonen I und II von Wasserschutzgebieten gelten spezifische Regelungen gemäß § 7 Absatz 6 BBodSchV (n.F.).
Für das Auf- und Einbringen von Materialien unterhalb oder außerhalb einer durchwurzelbaren Bodenschicht in den Zonen I und II von Wasserschutzgebieten gelten spezifische Regelungen gemäß § 8 Absatz 5 BBodSchV (n.F.).Die zulässigen Materialien sind geregelt in § 8 Absatz 1 BBodSchV (n.F.).
Der Einbau von Ersatzbaustoffen ist zukünftig in der Ersatzbaustoffverordnung geregelt.
Für Vorhaben auf einer Fläche von größer als 0,5 Hektar ist nach § 2 Absatz 3 Satz 1 Landes-Bodenschutz- und Altlastengesetz (LBodSchAG) ein Bodenschutzkonzept erforderlich. Eine bodenkundliche Baubegleitung zur Umsetzung des Bodenschutzkonzeptes nach DIN 19639 wird unabhängig von der Flächengröße sowohl für Errichtung als auch Rückbau von FF-PVA und WEA zur Minimierung der Beeinträchtigung des Bodens empfohlen.
Das Risiko von Stoffeinträgen ist zu minimieren und die Vorgaben der AwSV sind zu beachten. Der Umgang mit wassergefährdenden Stoffen ist insbesondere relevant bei WEA, siehe Abschnitt 5.2.
Stoffe dürfen nur so gelagert werden, dass eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist (§ 48 Absatz 2 WHG).
Alle auf der Baustelle Beschäftigten sind vor dem Beginn der Arbeiten auf die Lage im Wasserschutzgebiet hinzuweisen und entsprechend zu unterweisen.
All diese Vorgaben erscheinen sinnvoll und wahrscheinlich auch vollständig für einen sicheren Aufbau, Betrieb und Abbau einer Windenergieanlage im Wasserschutzgebiet.
Im hydro-geologischen Gutachten für die Windenergieanlagen im benachbarten Staatsforst auf Jettinger Gemarkung sind diese Vorgaben dann genauer ausgeführt.
Andere Bundesländer handhaben die Zulässigkeit von Windenergieanlagen im Wasserschutzgebiet ganz anders und ganz unterschiedlich:
Den Leitfaden zum Bau und Betrieb von Windenergieanlagen in Wasserschutzgebieten von Rheinland-Pfalz vom Februar 2013 kann man hier im Internet finden
In Rheinland-Pfalz besteht ausdrücklich die Möglichkeit, zugunsten von Windenergieanlagen auf ein Wasserschutzgebiet zu verzichten; der Entscheidungsablauf ist grafisch im Leitfaden Seite 15 unten beschrieben:

Das Merkblatt Nr. 1.2/8 Trinkwasserschutz bei Planung und Errichtung von Windkraftanlagen des Landesamts für Umwelt in Bayern aus dem August 2012 schließt Windenergieanlagen in Wasserschutzgebieten Zone 2 dagegen ausdrücklich aus und beschreibt auch weitere Hindernisse für Windenergie – eine Aktualisierung war nicht zu finden.
einige Zitate aus den Regeln für Windkraftanlagen in Bayern
Viele WKA-Standorte werden in Waldgebieten geplant, so dass vorab Rodungen nötig werden (ca. 1 ha je Anlage). Es kommt dabei zu erheblichen Bodenstörungen mit nachfolgender massiver Nährstofffreisetzung, sofern keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden, wie z.B. restlose Entfernung des Oberbodens. Deshalb sind Rodungen in WSG grundsätzlich verboten.
Absolute Ausschlussgebiete sind die Zonen I (Fassungsbereich: Betretungsverbot) und II (engere Schutzzone: Bodeneingriffsverbot), bei Heilquellenschutzgebieten auch die Schutzzonen gegen quantitative Beeinträchtigungen.
Quintessenz:
Die Regelung in Baden-Württemberg ermöglicht ein konstruktives „Sowohl – Als Auch“ zwischen Windenergie und Wasserschutz.
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